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Einige Hauptlehrsätze von Ludwig Feuerbach

Bei keinem andern Denker wäre es eher möglich und entschuldbar, seine Hauptgedanken in einer gedrängten abgerissenen Weise wiederzugeben als bei Ludwig Feuerbach. Er selbst nennt sich mehrfach, so auch in einem Brief an den Freund aus Finnland, Wilhelm Bolin, einen aphoristischen Schriftsteller, wie er seine Werke denn auch mehrfach selber exzerpiert hat. Zudem ist seine Schreibform nicht eine so gewachsene noch gefeilte, daß man sie in voller Ausführlichkeit und Breite würdigen müßte. Man kann ruhig einmal die Grundbausteine herausnehmen und für sich vorzeigen. Sein Denkgebäude verliert dadurch nicht. Denn es ist in seinem Untergrund und Aufbau schöner und wertvoller als in seiner Ausschmückung. Sein Schreibstil ist nicht gerade hinreißend, und es fehlt ihm das Überzeugende und Bildhafte Schopenhauers und das Verführerische, Glänzende Nietzsches. »Ich liebe das Schön- oder wenigstens das nicht garstig und widerlich Schreiben«, schüttet er sich einmal gegen einen seiner spärlichen Verehrer aus: »Aber dieser gute Wille wird meist zuschanden an dem schlechten Zustand meiner Federn, mit denen niemand als ich schreiben kann ...« Also auch er selbst war schon rein äußerlich unzufrieden mit seinem Schreiben, wie er sich überhaupt häufig genug als »eine Nichtigkeit« vorkam. Echt feuerbachisch schiebt er im Unmut über seine ihm äußerlich nicht behagende Schrift die Schuld auf die elenden Federn, die »verfluchten Gänsekiele«, wie er sie in einem andern Briefe schilt. Auch als öffentlicher Sprecher vermochte er nach dem Urteil von Zeitgenossen seine Hörer noch weniger als seine Leser zu ergreifen. »Er ist eigentlich nicht zum Dozenten geschaffen«, berichtet Gottfried Keller, der ihn in Heidelberg vernahm, »und hat einen mühseligen schlechten Vortrag. Gleichwohl ist es doch höchst interessant, diese gegenwärtig weitaus wichtigste historische Person in der Philosophie selbst seine Religionsphilosophie vortragen zu hören. Ich habe noch keinen Menschen gesehen, der so frei von allem Schulstaub, von allem Schuldünkel wäre wie dieser Feuerbach.«

Schärfer noch als Keller meldet Henriette Feuerbach, die zufällig um diese Zeit auch in Heidelberg war, einer vertrauten Freundin des Hauses Feuerbach: »Ludwig ist hier, Vorlesungen haltend; nach langem Hin- und Herziehen, dem Inhalt nach interessant wie natürlich, der Form nach zerrissen und nicht gut vorgetragen.«

Dies alles mag unser Vorgehen, Feuerbachs Lehre in ein paar seiner Kardinalsätze zusammenzuziehen, rechtfertigen, falls es nicht schon durch die Trägheit, oder höflicher ausgedrückt, den Zeitmangel der heutigen Lesewelt, die sich nicht mehr in den ganzen Feuerbach vertiefen kann, von vornherein geheiligt wäre.


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