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Viertes Kapitel

Kitty bekam vom Papa eine kleine Strafrede, die ihr nicht sehr tief ging. Auf Edith hatte sie einen Groll geworfen und schloß einige Tage lang ihr Stübchen zu, wenn sie fortging, schloß sich auch ein, wenn sie drinnen war. Edith dachte: »aha, sie strickt und das soll ich nicht sehen! Das drollige Kittchen.«

Aber eines Abends sah Edith, die in ihrem Stübchen saß und eine Anzahl Bogen vor sich hatte, Licht in Minnas Kämmerchen. Edith fürchtete sich nicht. So ging sie hinaus in den Garten und blickte durch das trübe Fenster hinein: richtig, da saß die treue Magd und hielt Kittys Strickzeug in den Händen.

Ein gerechter Zorn gegen Kittys Selbstsucht und Gewissenlosigkeit stieg in ihr auf. Aber sie nahm sich vor, Kitty auf die Probe zu stellen, ob sie bei der Wahrheit bleibe. –

»Sind Papas Socken bald fertig?« fragte Edith am andren Morgen beim Kaffee.

Ruhig, erst eine Sekunde lang überrascht, nickte Kitty.

Edith sagte weiter nichts, ging in Minnas Stübchen und fand die Strümpfe beinahe fertig. Nun wollte sie Kitty bei Übergabe derselben an Papa auf die Probe stellen.

Oh, alle bösen Triebe mußten im Keim erstickt werden.

Kitty genoß ihre Ferienfreiheit und wollte gar nichts davon wissen, daß sie am Sonntag nachmittag mit zu Tante Melitta sollte.

»Zu der alten Schach …!«

Sie vollendete nicht, denn Edith hielt ihr die Hand auf den Mund.

»Schäme dich, Kitty, du wirst täglich unartiger. – Tante ist so gut, sie will uns aus Mamas Mädchenzeit erzählen!«

»Aus Mamas Mädchenzeit?« fragte Kitty. In diesem Augenblick sah sie so rührend aus wie ein Kind, das niemand betrüben kann.

»Ja, Kittchen!« benutzte Edith schnell den Augenblick, »du weißt, daß Tante unser liebes Muttchen gekannt hat, als sie noch ein ganz kleines Mädchen war. Oh, wie viel hat sie mir schon erzählen müssen von unsrer lieben, lieben Mama!«

»Ja, ich komme mit!« sagte Kitty.

Dann holte sie sich ein dickes Buch, setzte sich in eins der fürstlichen Zimmer und las. Wenn sie hier in einem der Sessel saß, kam sie sich wie eine Prinzessin vor. Sie rückte denselben in die tiefe Fensternische und blickte bisweilen über den Marktplatz hin. Ging einer darüber, bildete sie sich ein, er müsse ihr als ihr Untertan eine tiefe Verbeugung machen.

Ihre Freundinnen durfte sie nur, wenn Edith dabei war, mit in die fürstlichen Zimmer nehmen. Die jungen Mädchen rechneten sich das stets zur besonderen Ehre und liefen auf den Fußspitzen einher, als ob einer der regierenden Seligen, die da im Porträt an den Wänden hingen, herabsteigen und sie hinausjagen würde. –

Am Sonntag nachmittag trugen die beiden Schwestern Blumen nach dem Friedhof. Edith hatte die letzten aus dem Garten geholt und Kränze gebunden.

In dem Städtchen war es Sitte, daß der Friedhof während des Sonntags sehr besucht war. Man sah da Kinder an den Gräbern der Eltern stehn, Eltern an denen ihrer Lieblinge.

Edith fand diese Sitte, am Sonntag seine geliebten Toten zu besuchen und dabei die Gräber zu schmücken, so schön!

Kitty, ihren mächtigen Asternkranz am Arm, ging neben ihrer ernst drein schauenden Schwester her.

Sie sah drüben auf dem Weg ihre Freundin Friedel gehn und pfiff dieser.

Aber Friedel hörte nicht und Edith sagte leise: »Kittchen, pfeifen, was nur die Jungens tun! Und noch dazu mit einem Kranz in der Hand!«

Kitty sah das Ungehörige ihres Tuns ein und wurde rot. –

Nun schritten sie zwischen den Reihen hin und legten auf ein mit sichtlicher Liebe gepflegtes Grab ihre Kränze.

Edith legte die gefalteten Hände auf das Gitter. Sie holte sich hier an diesem heiligen Stückchen Erde immer Frieden und Lebensmut.

Kitty zupfte hie und da ein welkes Blättchen fort. Ihr war es immer noch ein schrecklicher Gedanke, daß so viel Erde auf der lieben, schönen Mama lag. –

Auf dem Weg zu Tante Melitta schob Kitty ihren Arm durch den Ediths. Innig beglückt über diese Zärtlichkeit sagte Edith:

»Mein Kittchen! Dich hat mir ja Mama ans Herz gelegt!«

Kitty nickte. –

Bei Tante Melitta war der Kaffeetisch gedeckt. Die Mertens nahm den beiden Damen noch Hüte und Jäckchen ab, dann verschwand sie, um mit ihrem gelehrten Jungen einen Spaziergang zu machen. –

»Kittchen!« rief die alte Dame und streckte dem Kind beide Hände entgegen, »wie ich mich aber freue, dich da zu haben! Gar zu selten findest du einmal den Weg zu deiner alten Tante! Kann's dir nicht verdenken, die Jugend ist lieber bei der Jugend, gelt?«

Kitty wurde verlegen, ihr fiel die »alte Schachtel« ein.

Ja, sie war lange nicht hier gewesen, dachte Kitty und trank Kaffee. Während sie sich Tantes guten Kuchen schmecken ließ, sah sie sich im Zimmer um.

Vornehm war es bei Tante, nicht modern, aber von alter, gediegener Vornehmheit. Kitty hatte in Erzählungen öfters solche Pracht, solche altmodische, geschildert gelesen. Hier fand sie diese in der Wirklichkeit!

Die hochlehnigen Stühle voll kunstvoller Schnitzarbeit, schwer und fest, nicht zerbrechlich, wie die modernen Stühlchen in rot oder grün, auf die man sich nicht zu setzen wagt!

Und die großen Sessel um den Tisch; und der schwere Eichenholztisch selbst, den kaum zwei Männer in Bewegung setzen konnten!

Und die Uhr, diese alte Uhr im Gestell, das fast zur Decke reichte!

Und wenn sie zu schlagen begann, wie eben jetzt, wie klangen da die Töne so mächtig und voll.

»Wie in der Kirche!« sagte Kitty.

»Ich muß ja auch meine Kirche hier abhalten!« meinte Tante Melitta.

Daß Edith hier ganz zu Hause war, bekannt in allem, merkte Kitty sehr bald.

Und Edith paßte in diese Umgebung! Sie saß in einem der mit dunkelrotem Plüsch bezogenen Sessel und ihr hübscher, blonder Kopf hob sich von der dunklen Lehne ab.

Tante Melitta mußte Edith unendlich liebhaben, das alles sah Kitty.

Beinahe stieg es wie Eifersucht in ihr auf: Edith gehörte ihr, der Kitty, sonst niemand! –

»Hast du auch eine Handarbeit mit?« fragte Tante Melitta Kitty, als Edith die ihrige vornahm und den feinen Kopf über die Taschentücher beugte, die sie Papa zum Geburtstag stickte.

»Nein, Tante Melitta! Ach, ich mag das gar nicht! Ich finde immer, das ist geisttötend!«

Das heitere, gutmütige Lachen Ediths mischte sich mit dem Tante Melittas. Letztere sagte:

»So wie du, Kittchen, dachte ich auch, als ich so alt war, wie du jetzt bist! Aber später wurden die Handarbeiten meine Sorgenbrecher! Du kannst das nicht verstehn!

»Sitzt man so still für sich und das Herz ist einem schwer, dann näht man Stich für Stich, strickt Masche um Masche. Und dabei läßt sich's so schön denken und träumen, vorwärts und zurück! Da malt man die Zukunft und man träumt von Dingen, die kommen müssen, weil man es so wünscht! Oder man denkt zurück! Oh, das ist gar schön! Bis in die ferne Kindheit träumt man sich zurück! Und wenn man Sorgen hat, so lenkt einen eine Handarbeit ein wenig davon ab. Das ist der Segen der Arbeit! Die ältesten Sprichwörter, die im Volksmund leben, sind die besten und dazu gehört das Müßiggang ist aller Laster Anfang'. – Komm, Kittchen, dort liegt eine Häkelei! Sollen Einsätze werden! Versuche, ob du es herausbringst!«

Kitty mußte folgen.

Tante gab ihr das Muster und die angefangene Arbeit. Es war ein Einsatz in ein Kopfkissen. Aus dem Grund hoben sich die Worte heraus: Behüt' dich Gott!

Kitty fand das schön und spürte Lust, sich auch mal solch einen Streifen zu häkeln.

Tante Melitta sah mit heimlicher Freude, wie die Kleine nach und nach Interesse an der Arbeit gewann.

»Und nun will ich euch aus alten Zeiten erzählen,« sagte sie, nachdem Edith die Tassen aufs neue gefüllt hatte.

»Das Pfarrhaus eurer Großeltern war eins, wie man es sich nicht schöner denken kann! Es lag inmitten von Gärten; vor dem Hause ein großer Blumengarten, hinter dem Hause Obst- und Gemüsegarten. In der Pfarre holten sich nämlich alle Leute aus dem Dorf, was sie gerade brauchten! Meine Freundin, die Pfarrerin, hatte für alle Bittenden eine offene Hand. Sie konnte deshalb auch gar nicht genug bauen, weil sie das halbe Dorf mit versorgte.

»Als einziges Kind in der Pfarre wuchs euer Mütterchen aus. Als ich die kleine Margarete zum erstenmal sah, war sie ein Ding von vier Jahren, das mit großer Wichtigkeit Steinchen zusammentrug, um ein Haus zu bauen. Eine unermüdliche Geduld hatte die Kleine.

»Wenn du dir denken willst, Kitty, wie deine Mama als Mädchen ausgesehen hat, so sieh dir Editha an! Man sollte nicht glauben, daß Menschen einander so ähneln! –

»Wie ein guter Engel wandelte die junge Margarete durch das Dorf. Jedes Kind kannte sie. Sie pflegte die Kranken im Ort, sie lehrte die Kinder, artig sein, die rohen Reden nicht zu sagen, die sie hie und da hörten. Sie lehrte sie Ehrfurcht vor dem Alter, Liebe und Dankbarkeit zu den Eltern.

»Wie oft, wenn ich mit der Pfarrerin im Garten saß, sahen wir Margarete unter einem Obstbaum sitzen, um sich herum die halbe Dorfjugend.

»Da erzählte sie den Kindern etwas Schönes. Wie viel Gutes hat das junge Wesen in die kleinen Herzen da gepflanzt!

»Sie wurde ja angebetet von der ganzen Gemeinde.

»Im Hause umgaben sie Vater und Mutter mit der größten Zärtlichkeit. Als die Pfarrerin anfing zu kränkeln, nahm ihr Margarete die Pflichten des Haushalts ab. Was diese kleinen Mädchenhände alles fertig brachten! Den ganzen Tag vom frühen Morgen an auf den Füßen, treppauf, treppab! Und immer ein heiteres Gesicht! Und doch lag so viel auf den jungen Schultern!

»Ich war, da ich meine guten Eltern verloren hatte, oft in der Pfarre, da eure Großmutter und ich die herzinnigsten Freundinnen waren.

»So genoß ich Gretchens liebes Wesen stets mit.

»Abends, wenn die häuslichen Arbeiten erledigt waren, setzte sich Rike, die Magd, mit an den runden Tisch. Das wollte der Pfarrherr und niemand nahm Anstoß an dieser Sitte.

»Rike saß still da und strickte. Der Pfarrer las und rauchte seine Pfeife. Ich saß am Bett der kranken Pfarrerin; die Türe in die Wohnstube, die ein trauliches Bild zeigte, war weit offen.

»Margarete saß fast jeden Abend am Klavier und spielte. Sie hatte keine so große Fertigkeit, dazu fehlte ihr die Zeit zum Üben. Aber es lag Seele in ihrem Spiel. Wenn sie zu spielen begann und sei es das einfachste Liedchen gewesen, so horchte man auf.

»Und blickte man hin, so saß an dem großen, tafelförmigen Klavier ein Mädchen im zarten Sommerkleid; das hellblonde Haar hing in zwei dicken Flechten den Rücken hinab. Am Tage hatte sie die Zöpfe um den Kopf geschlungen, aber am Abend ließ sie die schwere, goldschimmernde Last gern hängen.

»Noch war Margarete sorglos. Aber da trat, als sie kaum achtzehnjährig war, zum erstenmal der Tod in ihr junges Dasein, und ihm fiel das Köstlichste zum Opfer: Margaretens Mutter!

»Das waren düstere Tage im lieben Pfarrhause!

»Mir hatte die Sterbende ihr Kind ans Herz gelegt. Wie gern gab ich ihr den Trost, daß Margarete meiner Liebe und meines Schutzes sicher sei. – Wie reich machte mich diese neue Pflicht! Ein Dasein, in dem es keine großen Aufgaben zu lösen gibt, ist arm! –

»Still, furchtbar leer war es im Pfarrhause. Margarete und ich besuchten täglich das Grab.

»Aber Gottes Geist war lebendig in dem Hause. Man wußte sich still und demutsvoll Seinem Willen zu fügen. Der Hausherr trug sein Kreuz mit stiller Würde. Aber sein Haar war ergraut in jenen Tagen.

»Margarete und ich schlossen uns aneinander an. Ich teilte ihren Schmerz. Das zog uns zueinander.

»Aber es kamen auch wieder hellere Stunden, wo mein Liebling lachte und sich freuen konnte.

»Und als die Blumen zum zweitenmal in voller Pracht auf dem Grab der Pfarrerin blühten, war unsere Margarete glückliche Braut.

»›Wenn nur Mama das erlebt hätte!‹« war ihr häufiger Ausspruch. –

»Ja, dann malt euch einmal eine wunderschöne Braut aus, die vom Pfarrhause zur Dorfkirche ging, ein Bild des Glücks!

»Als Margarete fort war, ward es stiller und stiller im Pfarrhaus.

»Später zog euer Großvater hierher. Editha kann sich aus ihrer Kindheit noch des stattlichen Mannes erinnern. Nun sind es bald zehn Jahre, daß er starb, viel zu früh. Aber er hatte den Tod seiner Frau nie so recht überwinden können, er sehnte sich nach ihr. –

»Als euer Mütterchen auch den Vater verloren hatte, rief sie mich. Da ich nur für mein ›Kind‹ lebte, folgte ich ihrem Ruf. Da sah ich euch Kinder zum erstenmal! Eure Bilder besaß ich ja schon lange!

»Oh, wie kam Editha schüchtern auf die ihr noch unbekannte Tante zu! Erst eine Tüte Zuckersachen brachte sie mir näher! Und im Garten sprang ein kleines Mädel über die Wäsche, die zum Bleichen auf dem Rasen lag! Der Wildfang folgte nicht, überall sah man die Spuren der kleinen Füßchen!

»Die Mama sagte: ›Tantchen, das ist unser Junge! Kitty! Willst du artig sei!‹

»Aber Kitty lachte, so wie sie jetzt lacht und strampelte weiter, das Dienstmädchen lief zeternd hinterdrein!«

Edith und Kitty lachten hellauf.

»Arme, liebe Mama!« sagte die letztere.

»Ja, ich sehe sie noch,« fuhr Tante Melitta fort, »sie nahm den Wildfang schließlich auf den Arm. – Wie blitzschnell tauchte da ein Bild vor mir auf, das ich vor langer Zeit gesehen hatte: Margarete so klein wie jetzt ihre Kitty war! – Mit großen Augen guckte von dem sicheren Plätzchen herab Kitty mich an. Oh, da fühlte sie sich geborgen, das sah man ihr an! So groß ist ja keine Liebe aus Erden, als die einer Mutter zu ihren Kindern. Editha, willst Du nicht einmal unser Lieblingslied singen?«

Kitty horchte auf, Edith sang? Dann tat sie das wohl nur hier? Zu Hause war sie viel zu schüchtern, die stille Edith!

Diese warf einen Blick voller Verlegenheit auf ihre Schwester. Daun erhob sie sich, setzte sich ans Klavier und spielte ein paar Takte.

Wie horchte Kitty überrascht auf, als mit einem Male eine tiefe, glockenreine Stimme an ihr Ohr drang:

»Wenn du noch eine Mutter hast,
So danke Gott und sei zufrieden …«

Die Arbeit entsank Kittys Händen. Das Lied, die Stimme ergriffen sie mächtig. Sie wußte es gar nicht, die kleine Kitty, daß ihr die hellen Tränen über die Wangen liefen.

Als Ediths Stimme verklang, umschlangen sie zwei Arme.

»Herrlich, du! Und davon wußten wir so gar nichts?!«

Edith wurde rot und lachte. Ja, die Ihrigen wußten freilich nicht viel von dem reichen Innenleben, das Edith führte! Sie wußten nichts von den Stunden, die sie so reich machten, die bei Tante Melitta verlebten! Hier gab es nicht eine Regung ihrer Seele, die der alten Freundin verborgen geblieben wäre! Sie verstanden sich, die beiden! Das junge, blonde Haupt lehnte sich an das alte, graue, und gar oft flossen die Tränen beider ineinander.

Tante Melitta mit ihrem musikalischen Empfinden hatte Ediths Stimme entdeckt. Großer Ausbildung bedurfte es hier nicht. Das junge Mädchen hatte ja schon in der Schule sich geübt. Und Edith sang mit ihrer Seele, das einfachste Volkslied wurde in ihrem Vortrag zum Kunstwerk. –

Kitty wollte noch mehr hören, so sang Edith alles, was ihr Schwesterchen wünschte. Dann mußte Tante Melitta spielen. Währenddessen saßen die beiden Schwestern auf dem Sofa.

Zum erstenmal fühlte Kitty den seelischen Reichtum, der Tante Melittas Leben umgab! Wie wunderschön war es, daß sie nun ein klares Bild von Mama hatte! Immer neue Züge kamen dazu. Und wie erhebend war es, Tantes meisterlichem Spiel zu lauschen! Woher die kleinen Finger nur die Kraft nahmen?

Tante spielte ihren Liebling, Beethoven. Sie kannte ihrer Editha Wunsch, die geliebte Mondscheinsonate zu hören.

Sie hatten beide viel über den großen Komponisten und sein Leben gelesen.

Edith schloß die Augen, sie träumte sich in eine herrliche Bergwelt, wo über zackigen Felsen und dunkel ragenden Tannen das Silberlicht des Mondes ausstrahlte. Und höher und höher stieg er, bis sein weißes Märchenlicht alles in Glanz hüllte.

Lange war es still in dem Zimmer, durch welches mit den Schatten des Abends die letzten Töne schwebten.

Eine Weile waren alle noch im Bann des Genialen, es wurde ihnen schwer, den Fuß wieder auf die Erde zu setzen. –

Dann war es Kitty, die aufsprang und rief:

»Entzückend war es bei dir, Tantchen! Weißt du, es schwebt so was um dich, so was von Vergangenheit!«

Tante Melitta lachte und schloß den schlanken Backfisch in die Arme. Edith zündete die Hängelampe an, die mit ihrem roten Schirm eine trauliche Stimmung im Zimmer schuf.

Nun war es für die beiden Mädchen aber hohe Zeit, heimzukehren.

Gerade kam auch die Mertens zurück.


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