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XIV.

Wir schreiten zum Weiher, und da gerade lugte die Mondsichel silbern durch eine Lücke der hohen Palmen hindurch und streute goldene Flitter über das stille Wasser.

»… Es ist seltsam«, sagte Dingo und deutete auf drei leuchtende Fische, die in der Tiefe einer Schattenstelle wie lange matte Lichtstreifen dahinschwammen, »– es ist seltsam, Abelsen, wie die Erfüllung eines kleinen Wunsches so Wichtiges nach sich ziehen kann. Ich will nicht behaupten, daß mir an meinem Leben viel gelegen ist. Hätte ich jedoch Ethels gelegentliche Bemerkung, sie würde den Teich hier so gern durch Fische belebt sehen, nicht erfüllt, so wäre ich jetzt drüben im dunklen Lande, von dem jede Religion den Gläubigen anderes verheißt. Bisher ist noch niemand ›von drüben‹ zurückgekehrt, und das mag gut sein, denn … – verzeihen Sie, man soll über Religion nicht sprechen. Hätte ich den Weiher also nicht mit Fischen besetzt, die ich in Riesenbottichen vom Arthur-Fluß herüberschaffen ließ, so würde mich heute Kanarra nicht mit dem Netz haben auffangen können, und das war die einzige Möglichkeit, mich zu retten, weil der tolle Colonel mich mit Kugeln durchlöchert hätte, sobald meine schwarzen Armee zu früh sich gezeigt haben würde.« Er lächelte vor sich hin … »Ich glaubte kaum mehr, mit dem Leben davonzukommen, als ich auf dem Balkon stand und zum Grabmal hinüberblickte, und … Abschied nahm von dem Einzigen, was mir Inhalt des Daseins bedeutete …«

Ich erschrak. Noch mehr – ich bedauerte diesen Mann, der sein Hex z an Ethel verloren hatte. Aber ich hielt ihn auch für klug genug, seine heiligsten Gefühle weise zu verbergen. Ethel und er – –, nein, eine solche Verbindung war nicht auszudenken, war wider die Natur.

Er zog einen langen schmalen Schlüssel aus der Tasche. Wir standen vor der Flügeltür aus dunklem, reichgeschnitztem Holz. Er schloß auf, und gleichzeitig mit dem lautlosen Zurückschweben des einen Torflügels flammten drinnen mattblaue Lampen auf. Ich sah einen Altar im Hintergrund mit schweren, silbernen Leuchtern. Über dem Altar hing ein großes Madonnenbild, und das hohe Kruzifix des Altars reichte bis zum breiten Goldrahmen des wertvollen Gemäldes. – Die Wände waren mit feinstem Mosaik bedeckt und zeigten Szenen aus der Leidensgeschichte Christi. Der Boden und die Kuppel waren mattgoldene Glimmersteine, und nur ein Ring in den Bodenplatten deutete auf die darunter befindliche Gruft hin.

Ethel, Paloma und Robb sowie der Hund waren bei den Toten, hatte Dingo gesagt. Als er nun an dem Ringe zog und mich etwas beiseite schob und langsam ein Viereck des Bodens bis zum Altar sich senkte, meinte er mit jener kühlen Sachlichkeit, die ihn zuweilen als nüchternen Verstandsmenschen erscheinen ließ:

»Wenn Sie im Park nur zwei Meter tief graben., stoßen Sie auf eine dicke Schicht mürben Kalksteins, durchsetzt mit locker geschichtetem Sandstein, und als ich diese Kapelle baute, versanken mir drei meiner Landsleute in die Tiefe, als der Boden ausgeschachtet wurde. Sie trugen schwere Brüche davon, genasen jedoch und schwiegen wie die übrigen. – Sie verstehen mich, Abelsen: Unter dieser Gruft liegt ein Höhlengebiet, und das klare kühle Wasser, das Sie heute hier tranken, stammt aus einem unterirdischen Bach …«.

Er stieg die gemauerte Treppe hinab, – auch hier brannten matte Lampen.

Zwei Särge, verdorrte Kränze mit verwitterten Schleifen – sonst nichts. Die Luft eisig und feucht, aber rein.

»Bluß, den man nun mit drei Pulvern eines Schlafmittels im Leibe nach Borraloola bringt«, sprach Dingo gleichmütig, »war auch hier unten und hatte die Mauern gründlich abgeklopft.«

Er trat nach links, wo ein dreiarmiger Leuchter hing, und nahm ihn vom Haken. Dann zog er den Haken wie einen Hebel nach unten, und eine der Steinplatten zwischen den Särgen senkte sich.

Auch hier eine Treppe, – unten aber tiefste Finsternis und Totenstille.

Dingo lauschte. Seine Haltung drückte Besorgnis aus. Er schüttelte den Kopf … »Vielleicht war es ihnen hier zu kalt … Die Höhle hat mehrere Ausgänge, einer davon liegt in der Nähe des Kreuzes, Abelsen. Es braucht Sie also nicht weiter zu wundern, daß ich Sie und Bluß heute belauschte und wußte, daß Sie Mister Elsen mit der Jacht aus Stahl waren.«

Er eilte fünf Stufen tiefer und ein Licht blitzte auf und strahlte grell in das Dunkel. Es war eine Karbidlaterne.

Unweit der Treppe lag in Decken gehüllt eine mumienhafte Gestalt. Dingo riß die Decke auf, und Ethel Murray's bleiches Gesicht starrte mit geblendeten Augen zu uns empor.

Sie war mit breiten Stoffstreifen gefesselt, und sie war allein.

»Paloma war nicht zu halten und nicht zu belehren«, klagte sie und stützte sich auf Bell Dingo, der mit schmalen, harten Falten um den Mund zuhörte.

Und ich?!

Ethel hatte mir zugenickt. Für sie war nur Dingo vorhanden.

»… Sie will Robb bis zur Küste schaffen und mit Robbs dort verborgenem Motorkutter fliehen … Sie hat mich schändlich behandelt, Dingo … Sie ist so stark, und ihre Verblendung ist ohnegleichen.«

»Sie lügt«, sagte Bell, und er winkte mir. »Geben Sie mir dort die Weinflasche und ein Glas.«

Ein Tisch zeigte seine unsicheren Umrisse, – daneben Stühle, noch anderes.

Aus meiner Hand nahm Ethel das Glas entgegen, unsere Finger berührten sich und meine Augen verrieten vieles, als Ethel mir dankbar zulächelte.

»Sie lügt, Ethel«, wiederholte Dingo. »Sie will Abelsens Insel suchen … Sie hat den Plan immer noch nicht fallen lassen, das heiße Blut in ihren Adern will auf das tolle Leben nicht verzichten. – der Reiz des Abenteuers hat sie vergiftet! Welch ein Wahnwitz, mit dem Schwerverwundeten solches zu wagen!«

»Robb ist nicht so krank wie Sie denken«, meinte Ethel befangen. »Robb hat eine Natur wie Sie, – Sie hätten ihn hier unten nur reden hören sollen, Dingo, – auch er versuchte Paloma zu widersprechen, aber er ist Wachs in ihren Händen und …«

Dingo senkte den Kopf … »Das ist verständlich …« sagte er ganz schüchtern. »Robb Battingham liebt und zu der Liebe kommt noch der Wunsch hinzu, die Verbrechen seines Vaters wieder gutzumachen … – Gehen wir, und falls Sie es körperlich leisten könnten, Ethel, müßten wir sofort zur Küste aufbrechen …«

»Ist das wirklich nötig?!« wandte ich nur in Ethels Interesse ein. »Ich glaube kaum, daß Robb oder Paloma je meine Insel finden werden, ich sah den Kutter erfolglos suchen und …«

»Sie kennen Paloma schlecht!« – und Dingo führte Ethel die Treppe hinan, – und wieder war ich nur … fünftes Rad am Wagen des Schicksals.

Und war das doch so wenig gewöhnt, hatte im Spiel der Menschengeschicke wohl stets in vorderster Linie gestanden.

Auch meine Stunde kam noch. – –

Die köstliche Frische der Nacht hier im Norden Australiens, der zauberhafte Lichtschein der Sterne und der Mondsichel, die Eigenart des Landschaftsbildes und der berauschende Genuß eines Rittes auf flinkem Pferde, neben mir Ethel Murray, entschädigte mich für vieles. Bell Dingo war mit zweien der Diener stets fünfzig Meter voraus.

Ethel ritt im Herrensattel. Selbst der anspruchsvolle Coy wäre mit ihr zufrieden gewesen.

»… Der gute Bell verheimlicht uns etwas, Mister Abelsen …«

Wir trabten gerade an dem Kreuz vorüber, und Ethel warf einen scheuen Blick auf das Skelett. »Er verbirgt mir vieles«, fügte sie leiser hinzu. »Zum Beispiel, – nie hat er mir gesagt, wer der Tote dort ist …«

Ich schwieg, und ich spürte ihren fragenden prüfenden Blick. »Wissen Sie es vielleicht?«

»Ich darf nicht antworten …« – und da umkrallt ihre Hand meinen Arm …

»Sie wissen es, und ich ahne es … Es ist Lord Battingham …«

Ihre Finger lösten sich, als ich stumm blieb und geradeaus starrte. Sie holte tief Atem …

»Nur Paloma ist noch solchen Hasses fähig«, sprach sie bedrückt. »Paloma haßt alles, was diesen Namen trägt, und das Entsetzlichste ist, daß sie Robb Battingham wahrscheinlich nur … als weiteres Opfer auserkoren hat … Ich traue ihr alles zu … alles! Sie ist eine Besessene, sie kennt keine Hemmungen, – oh, Sie sollten sie gesehen haben, als man meinen Vater tot uns zurückbrachte! Keine Träne, kein Wort, – – aber die Nächte hat sie allein an seinem Sarge gewacht und wandelte am Tage wie eine Träumende umher … Ich fürchtete mich vor ihr, und sie war damals noch ein halbes Kind, aber ihr Herz war reif und ihr Geist uns allen überlegen … Glauben Sie mir: Paloma wird auch Robb ihrer Rache opfern, genau so, wie sie den Goldtrust gesprengt hat, denn ihre Beute muß weit größer sein, als irgend jemand ahnt …«

Ich blickte Ethel ehrlich beklommen in die dunklen traurigen Augen. Ihr Argwohn war berechtigt. Es wäre ja auch unbegreiflich gewesen, wenn Paloma die heißen Gefühle des Sohnes jenes Elenden erwidert hätte, der ihre Eltern vernichtet und sie selbst auf die Bahn des Verbrechens gedrängt hatte.

»Das wäre allerdings entsetzlich …« – mehr wußte ich nicht zu sagen.

Dingo und seine Begleiter hatten halt gemacht.

Am Rande eines Gestrüpps, hinter dem ein Kasuarinenwald begann, suchte Dingo nach Fährten.

»Hier ist der Ausgang, Abelsen«, erklärte er hastig. »Dort drüben nahm Bluß Sie ins Verhör, und ich lag hinter Ihnen … – Ah – – dies ist Palomas Spur … Hier hat Robb im Sande gelegen, hier hat der Hund sich entleert … Palomas Fährte läuft nach Nordost … zur Farm … Zwei Pferde fehlen uns, Paloma hat sie geholt, – hier ist auch ihre Rückspur: Zwei Pferde … – Weiter!«

Ich ließ die anderen vorreiten, ich blickte nochmals nach dem großen Kreuz zurück … Ich würde es niemals wiedersehen, glaubte ich damals … Und dieses Dokument der Rache würde ich nie vergessen.

Ich wollte wenden, davonsprengen, – meine tadellosen Augen, geschärft in den klaren Weiten der Pampas, geübt in blitzschnellem Erfassen jeder Einzelheit, hielten mich zurück.

Es konnten Riesenkänguruhs sein – dort jenseits der Lichtung, aber es konnten auch Reiter sein …

Mein Brauner tänzelte ungeduldig. Mein Fernglas schwankte hin und her, und als ich die verdächtige Stelle gefunden, war sie leer.

Reiter?! Woher?! – Ich dachte flüchtig an den überhöflichen Colonel Mallingrott aus Borraloola. War ihm zu trauen? Sein bereitwilliger Abzug von der Farm hatte mich sofort mit unklarem Unbehagen erfüllt.

Ich blieb, drängte aber mein Pferd in die hohen Stengel der Schachtelbäume hinein und beäugte nochmals den verdächtigen Platz.

Meine Sinne waren wach wie nie. Coy war unsichtbar neben mir, und eine Stimme wehte mich an: »Es sind Reiter …!«

Ein Schwarm Papageien stieg drüben kreischend hoch. Die schrillen Vogelstimmen kamen durch das Schweigen der Nacht wie das Piepsen eines Zuges Wandermäuse.

In der Nähe klagte irgendwo ein Eulenpapagei mit schauerlich langgezogenen Tönen.

Die Wildnis war um mich her, und ich war ihr Sohn geworden in endlosen Ritten mit Coy, Chubur und Chico. Die Wildnis redete zu mir in ihrer Sprache und warnte mich. Papageien stieben nicht ohne Grund empor. Raubtiere, die ihr Leben bedrohen, fehlten hier. Nur die schlimmste Bestie konnte sie hochgescheucht haben: Ein Mensch, der einen Baum erklettert, um weiteren Fernblick zu gewinnen!

Kein verdächtiges Anzeichen mehr …

Und als ich Dingo und Ethel eingeholt und ihnen berichtet hatte, zerstreute Freund Bell meine Gedanken. »Mallingrott würde das nie wagen, Abelsen, bestimmt nicht …« Und Ethel pflichtete ihm bei.

Die Nacht zerrann in fahle Dämmerung. Wir rasteten.

»Ich werde im Bogen rückwärts unsere Fährten anreiten«, erklärte ich nach schnellem Imbiß. Dingo widersprach. »Ruhen Sie … Wir sind sicher.«

»Und der Tee ist sofort fertig«, lockte Ethel und schaute in das flackernde Feuer.

Ich schwang mich in den Sattel und galoppierte davon. Ich brachte eine Kulisse von Büschen zwischen mich und die breite Spur, lenkte in ein flaches Tal ein und jagte nach Südwest. Ich war allein, und die Wüste redete zu mir in ihrer Sprache und zeigte mir fern auf kahlem endlosen Gefilde die hüpfenden Punkte großer Beuteltiere, die rechts aus dem Walde hervorgebrochen waren.

Ich schwenkte nach Norden ein, und in einer Mulde, die wir vor einer halben Stunde durchquert hatten, drückte ich mich in die Büsche und stellte das Glas ein. Vierhundert Meter vor mir lief der Strich unserer Spur durch gelbzarten Sand. Aber ich wartete umsonst. Und ich hatte mein Tier unnötig angestrengt, Dingo empfing mich leicht gereizt … »Wir haben nur Zeit vergeudet, Abelsen …«

Ethel zur Seite trabte ich an, und die Sonne durchbrach den dunstigen Horizont und überstreute das junge Weib neben mir mit dem Zauber des Lichtes und machte ihre dunklen Augen noch unergründlicher.

»Sie sorgen sich meinetwegen, Mister Abelsen.«

Ihr Blick streichelte mich dankbar. Dann errötete sie …

»Ich sorge mich noch mehr Robb Battinghams wegen«, wich ich aus. »Wüßte er, wer das Kreuz der Wüste mit bleichen Knochen ziert, – wüßte er, daß Ihrer Meinung nach Palomas Haß so ungeheuerlich ist, dann würde er wie ein Verfluchter diese Liebe aus seinem Herzen reißen und mit seinem Hunde in die Einsamkeit flüchten. Ich bedauere ihn.«

Ethel seufzte schwer. »Er ist gut … Er verdient Liebe … Ich habe ihn erst jetzt kennengelernt, und ich habe seinem Blute verziehen.«

»… Wenn er den am Fuße des Kreuzes eingekerbten Wildhund gesehen hätte«, sagte ich aus düsteren Vorahnungen heraus.

»Wildhund?« Ethel warf mir einen eigentümlichen Blick zu … »Am Fuße des Kreuzes ist ein Kreuz eingeschnitten, rechts weiter ein kleines Kreuz, das auf einem länglichen Oval steht … Ein Hund?! Nein. Ich habe über dieses Zeichen, das wie ein persönliches Signum des Erbauers sich ausnimmt, schon so oft nachgedacht. Was halten Sie davon, Mister Abelsen?«

Ich hielt schon etwas davon, aber ich hielt es auch für richtig, meine Meinung für eine bessere Gelegenheit und für jemand anderes aufzuheben.

»Ich weiß nicht recht …« – aber die Gedanken, die hinter diesem Satz unterwegs waren, beschäftigten sich mit Robb Battingham, und ich bedauerte ihn mehr denn je. – Bell Dingo hatte in diesem Falle abermals eine Selbstverleugnung bewiesen, die um so höher zu bewerten war, weil ihm das Lügen so schwer wurde. Er hatte mich belogen. Kein Dingo war im Mittelbalken eingekerbt, der sein Signum hätte sein können, sondern ein Kreuz auf einem Oval. Ich ahnte, wessen Signum das war.

»Ich weiß nicht recht …« und ich fügte hinzu:

»Sind Sie sich über die Bedeutung des Ankers auf dem Balken oben im klaren, Frau Murray?«

Sie errötete. »Bell trägt am linken Unterarm einen Anker als Tätowierung«, meinte sie widerstrebend. »Und doch: Dingo wäre eines solchen Hasses nicht fähig, Dingo findet für alles eine Entschuldigung … Man wird schwer aus ihm klug, – – wenn man ihn nicht so genau kennt, wie ich …« Ein milder Glanz durchleuchtete ihre Züge. »Ich … ich wünschte, er hätte nichts damit zu tun, Mister Abelsen. Es würde nur sein Bild entstellen, in dem auch nicht ein einziges Fleckchen ist …« schloß sie mit einer Wärme, die mich enttäuschte und beunruhigte. Mein Herz hing an dieser Frau, die so viel echte frauliche Weichheit und Güte mit dem edelsten Zug einer großen Seele in sich vereinte: der unbedingten Anerkennung von Treue, Dankbarkeit und Selbstlosigkeit.

Bell Dingo und die beiden Diener waren soeben jenseits einer Bodenwelle verschwunden. Ethel beugte sich über den Hals ihres Pferdes, kämmte mit den Fingern die lange Mähne und fragte ohne jeden Zusammenhang: »Wie denken Sie über die Rassenfrage?« Sie setzte sich wieder aufrecht. »Sind Farbige für Sie Menschen zweiter Sorte?«

Ich erschrak. Sollte es möglich sein, daß diese Frau … nein, ich wies den Gedanken von mir, obwohl ich fühlte, daß ich mich selbst betrog.

»Für mich gibt es keine Rassenfrage«, erklärte ich hart. »Der bessere Teil meines Ichs blieb an einem Grabe zurück, in dem ein schlichter südamerikanischer Indianer ruht … Die Zeit ist nicht fern, wo die Schranken zwischen Weiß und Farbig restlos niedergerissen werden müssen. Jene Länder, die mit den freiheitlichsten Verfassungen prahlen, sind die unduldsamsten gegenüber dunkel getönten Gesichtern. Das wird sich bitter rächen …«

Im Augenblick rächte sich etwas anderes mit blutiger Mahnung. Vor uns, vom Morgenwind uns zugetragen, der klare drohende Knall dreier Schüsse, die blitzschnell aufeinander folgten …

Wie ein Unwetter fegte dann über den Hügelkamm ein Reiter auf uns zu: Colonel Arthur Bluß, den Karabiner halb im Anschlag, halb in den Bügeln stehend … Am linken Handgelenk baumelte ihm am Riemen eine Repetierpistole mit langem Lauf.

»Hände hoch!!« – Der alte Schlachtruf aller Buschklepper, aller Hüter der Ordnung hallte mir entgegen …

Bluß' Gaul stand plötzlich wie angegossen, und sein Karabiner flog empor – nie hatte ich einen solchen Schützen gesehen! – – Die Kugel schlug mir den eigenen Karabiner aus der Hand, und Kolonel Bluß lachte schrill …

»Absteigen – – hinlegen, Gesicht – nach unten!!«

… Die Stimme der Wüste hatte mich nicht eindringlich genug gewarnt.


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