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Propoeta

 

 

Laßt mich nur auf meinem Sattel gelten,
Bleibt In euern Hütten, euern Zelten,
Und ich reite froh in alle Ferne,
Über meiner Mütze nur die Sterne.

 

 

Ich weiß, daß mir nichts angehört
Als der Gedanke, der ungestört
Aus meiner Seele will fließen,
Und jeder günstige Augenblick,
Den mich ein liebendes Geschick
Von Grund aus läßt genießen.

*

Woher ich kam? Es ist noch eine Frage,
Mein Weg hierher, der ist mir kaum bewußt,
Heut nun und hier am himmelfrohen Tage
Begegnen sich, wie Freunde, Schmerz und Lust;
O süßes Glück, wenn beide sich vereinen.
Einsam, wer möchte lachen, möchte weinen?

*

Seit einigen Tagen
Machst du mir ein bös Gesicht;
Du denkst wohl, ich soll fragen,
Welche Mücke dich sticht?

*

Ins Sichere willst du dich betten!
Ich liebe mir inneren Streit;
Denn wenn wir die Zweifel nicht hätten,
Wo wäre denn frohe Gewißheit?

*

Nein, das wird mich nicht kränken,
Ich acht' es für Himmelsgabe!
Soll ich geringer von mir denken,
Weil ich Feinde habe?

*

Was? Ihr mißbilliget den kräftigen Sturm
Des Übermuts, verlogne Pfaffen!
Hätt' Allah mich bestimmt zum Wurm,
So hätt' er mich als Wurm geschaffen.

*

Ich bin so guter Dinge,
So heiter und rein,
Und wenn ich einen Fehler beginge,
Könnt's keiner sein.

*

Die stille Freude wollt ihr stören?
Laßt mich bei meinem Becher Wein:
Mit andern kann man sich belehren,
Begeistert wird man nur allein.

*

Sag', was könnt' uns Mandarinen,
Satt zu herrschen, müd' zu dienen,
Sag', was könnt uns übrig bleiben,
Als in solchen Frühlingstagen
Uns deß Nordens zu entschlagen
Und am Wasser und im Grünen
Fröhlich trinken, geistig schreiben,
Schal' auf Schale, Zug in Zügen?

*

»Bei mancherlei Geschäftigkeit
Hast dich ungeschickt benommen.«
Ohne jene Verrücktheit
Wär' ich nicht so weit gekommen.

*

Was Gutes zu denken, wäre gut,
Fänd' sich nur immer das gleiche Blut;
Dein Gutgedachtes, in fremden Adern,
Wird sogleich mit dir selber hadern.

*

Ihr müßt mich nicht durch Widerspruch verwirren!
Sobald man spricht, beginnt man schon zu irren.

*

Daß ich von Sitte nichts gelernt,
Darüber tadelt mich ein jeder;
Doch blieb ich weislich weit entfernt
Vom Streit der Schulen und Katheder.

*

»Was willst du, daß von deiner Gesinnung
Man dir nach ins Ewige sende?«
Er gehörte zu keiner Innung,
Blieb Liebhaber bis ans Ende.

*

»Du kommst nicht ins Ideenland!«
So bin ich doch am Ufer bekannt.
Wer die Insel nicht zu erobern glaubt,
Dem ist Ankerwerfen doch wohl erlaubt.

*

Ich sah mich um, an vielen Orten,
Nach lustigen gescheiten Worten;
An bösen Tagen mußt' ich mich freuen,
Daß diese die besten Worte verleihen.

*

Wer in der Weltgeschichte lebt,
Dem Augenblick sollt' er sich richten?
Wer in die Zeiten schaut und strebt,
Nur der ist wert, zu sprechen und zu dichten.

*

Warum willst du dich von uns allen
Und unsrer Meinung entfernen?
Ich schreibe nicht, euch zu gefallen,
Ihr sollt was lernen!

*

»Ist denn das klug und wohlgetan?
Was willst du Freund und Feinde kränken?«
Erwachsne gehn mich nichts mehr an,
Ich muß nun an die Enkel denken.

*

»Was ist denn deine Absicht gewesen,
Jetzt neue Feuer anzubrennen?«
Diejenigen sollen's lesen,
Die mich nicht mehr hören können.

*

Seit vielen Jahren hab' ich still
Zu eurem Tun geschwiegen,
Das sich am Tag und Tages-Will'
Gefällig mag vergnügen.

Ihr denkt, woher der Wind auch weht
Zu Schaden und Gewinne,
Wenn es nach eurem Sinne geht,
Es ging nach einem Sinne.

Du segelst her, der andre hin,
Die Woge zu erproben,
Und was erst eine Flotte schien,
Ist ganz und gar zerstoben.

*

Höre den Rat, den die Leier tönt!
Doch er nutzet nur, wenn du fähig bist:
Das glücklichste Wort, es wird verhöhnt,
Wenn der Hörer ein Schiefohr ist.

*

Sage mir keiner,
Hier soll ich hausen!
Hier, mehr als draußen,
Bin ich alleiner.

*

Zu verschweigen meinen Gewinn,
Muß ich die Menschen vermeiden;
Daß ich wisse, woran ich bin,
Das wollen die andern nicht leiden.

*

Was klagst du über Feinde?
Sollten solche je werden Freunde,
Denen das Wesen, wie du bist,
Im stillen ein ewiger Vorwurf ist?

*

»Warum bist du so hochmütig?
Hast sonst nicht so die Leute gescholten!«
Wäre sehr gerne demütig,
Wenn sie mich nur so lassen wollten.

*

Wenn ich dumm bin, lassen sie mich gelten;
Wenn ich recht hab', wollen sie mich schelten.

*

Hab' ich gerechterweise verschuldet
Diese Strafe in alten Tagen?
Erst hab' ich's an den Vätern erduldet,
Jetzt muß ich's an den Enkeln ertragen.

*

Immer muß man wiederholen:
Wie ich sage, so ich denke!
Wenn ich diesen, jenen kränke,
Kränk' auch er mich unverhohlen.

*

Ruhig soll ich hier verpassen
Meine Müh' und Fleiß;
Alles soll ich gelten lassen,
Was ich besser weiß.

*

Für mich hab' ich genug erworben,
Soviel auch Widerspruch sich regt;
Sie haben meine Gedanken verdorben
Und sagen, sie hätten mich widerlegt.

*

Gar nichts Neues sagt ihr mir!
Unvollkommen war ich ohne Zweifel.
Was ihr an mir tadelt, dumme Teufel,
Ich weiß es besser als ihr!

*

Ja! ich rechne mir's zur Ehre,
Wandle fernerhin allein!
Und wenn es ein Irrtum wäre,
Soll es doch nicht eurer sein!

*

»Sonst warst du so weit vom Prahlen entfernt,
Wo hast du das Prahlen so grausam gelernt?«
Im Orient lernt' ich das Prahlen,
Doch seit ich zurück bin, im westlichen Land,
Zu meiner Beruhigung find' ich und fand
Zu Hunderten Orientalen.

*

Drum ist mein Wort zu dieser Frist,
Wie's allezeit gewesen ist:
Mit keiner Arbeit hab' ich geprahlt,
Und was ich gemalt hab', hab' ich gemalt.

*

Will's aber einer anders halten,
So mag er nach Belieben schalten;
Nur soll er nicht das Handwerk schänden,
Sonst wird er schlecht und schmählich enden.

*

Demut

Seh ich die Werke der Meister an,
So seh ich das, was sie getan;
Betracht' ich meine Siebensachen,
Seh' ich, was ich hätt' sollen machen.

*

»Von wem auf Lebens und Wissens Bahnen
Wardst du genährt und befestet?
Zu fragen sind wir beauftragt.«

Ich habe niemals danach gefragt:
Von welchen Schnepfen und Fasanen,
Kapaunen und welschen Hahnen
Ich mein Bäuchelchen gemästet.

So bei Pythagoras, bei den Besten,
Saß ich unter zufriedenen Gästen;
Ihr Frohmahl hab' ich unverdrossen
Niemals bestohlen, immer genossen.

*

Ich bin euch sämtlichen zur Last,
Einigen auch sogar verhaßt;
Das hat aber gar nichts zu sagen:
Denn mir behagt's in alten Tagen,
So wie es mir in jungen behagte,
Daß ich nach Alt und Jung nicht fragte.

*

Ein alter Mann ist stets ein König Lear!
Was Hand in Hand mitwirkte, stritt,
Ist längst vorbeigegangen;
Was mit und an dir liebte, litt,
Hat sich wo anders angehangen;
Die Jugend ist um ihretwillen hier,
Es wäre törig, zu verlangen:
Komm, ältle du mit mir.

*

»Sag nur, wie trägst du so behäglich
Der tollen Jugend anmaßliches Wesen?«
Fürwahr, sie wären unerträglich,
Wär' ich nicht auch unerträglich gewesen.

*

»Warum willst du nicht mit Gewalt
Unter die Toren, die Neulinge schlagen?«
Wär' ich nicht mit Ehren alt,
Wie wollt' ich die Jugend ertragen!

*

»Anders lesen Knaben den Terenz,
Anders Grotius.«
Mich Knaben ärgerte die Sentenz,
Die ich nun gelten lassen muß.

*

»Sag uns Jungen doch auch was zuliebe!«
Nun! daß Ich euch Jungen gar herzlich liebe!
Denn als ich war als Junge gesetzt,
Hatt' ich mich auch viel lieber als jetzt.

*

»Warum magst du gewisse Schriften nicht lesen?«
Das ist auch sonst meine Speise gewesen.
Eilt aber die Raupe sich einzuspinnen,
Nicht kann sie mehr Blättern Geschmack abgewinnen.

*

Mir will das kranke Zeug nicht munden,
Autoren sollten erst gesunden.

*

»Wie doch, betrügerischer Wicht,
Verträgst du dich mit allen?«
Ich leugne die Talente nicht,
Wenn sie mir auch mißfallen.

*

»Du bist ein wunderlicher Mann,
Warum verstummst du vor diesem Gesicht?«
Was ich nicht loben kann,
Davon sprech ich nicht.

*

»Warum erklärst du's nicht und läßt sie gehn?«
Geht's mich denn an, wenn sie mich nicht verstehn?

*

Nicht Augenblicke steh ich still
Bei so verstockten Sündern,
Und wer nicht mit mir schreiten will,
Soll meinen Schritt nicht hindern.

*

Magst du jemand Feste geben,
Dem du schwer verschuldet?
Kannst du doch mit niemand leben,
Der dich allenfalls nur duldet.

*

Bin Ich für eine Sache eingenommen.
Die Welt, denk' Ich, muß mit mir kommen:
Doch welch ein Greuel muß mir erscheinen,
Wenn Lumpe sich wollen mit mir vereinen.

*

»Hat man das Gute dir erwidert?«
Mein Pfeil flog ab, sehr schön befiedert,
Der ganze Himmel stand ihm offen,
Er hat wohl irgendwo getroffen.

*

Das Rechte, das ich viel getan,
Das sicht mich nun nicht weiter an;
Aber das Falsche, das mir entschlüpft.
Wie ein Gespenst mir vor Augen hüpft.

*

Wenn ich kennte den Weg des Herrn,
Ich ging ihn wahrhaftig gar zu gern;
Führte man mich in der Wahrheit Haus,
Bei Gott! ich ging' nicht wieder heraus.

*

»Sage deutlicher, wie und wenn;
Du bist uns nicht immer klar.«
Gute Leute, wißt ihr denn.
Ob ich mir's selber war?

*

»Du sagst gar wunderliche Dinge!«
Beschaut sie nur, sie sind geringe;
Wird Vers und Reim denn angeklagt,
Wenn Leben und Prosa das Tollste sagt?

*

Wer in mein Haus tritt, der kann schelten,
Was ich ließ viele Jahre gelten;
Vor der Tür aber müßt' er passen,
Wenn ich ihn nicht wollte gelten lassen.

*

Warum werden die Dichter beneidet?
Weil Unart sie zuweilen kleidet,
Und in der Welt ist's große Pein,
Daß wir nicht dürfen unartig sein.

*

Fahrt nur fort, nach eurer Weise
Die Welt zu überspinnen!
Ich in meinem lebendigen Kreise
Weiß, das Leben zu gewinnen.

*

Hast du es so lange wie ich getrieben,
Versuche, wie ich, das Leben zu lieben.

*

Zu Goethes Denkmal was zahlst du jetzt?
Fragt dieser, jener und der.
Hätt' ich mir nicht selbst ein Denkmal gesetzt,
Das Denkmal, wo käm' es denn her?

*

Ihr könnt mir immer ungescheut,
Wie Blüchern, Denkmal setzen;
Von Franzosen hat er euch befreit,
Ich von Philister-Netzen.

*


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