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Der Biwachtstrunk

Bei Leipzig, in der wilden Schlacht,
Wo sich der Tod hat satt gemacht,
Bei Leipzig, in den dreien Tagen,
Die den Jahrtausendstempel tragen.
Da trafen sich, versprengt, bei Nacht,
Am Feuer einer Postenwacht
Ein Östreicher, ein Preuß', ein Russe.
»Gelt«, sprach der Preuße, »Gott zum Gruße!
Das war hier, scheint's, 'ne Feindeswacht –
Ablösung hat der Tod gebracht.
Heut dir und morgen mir, wer weiß!
Gebt meine Flasch' herum im Kreis!
Wir sind drei Mann hier, ich der vierte,
Beim Trunk, wie in der Schlacht, Alliierte.
Prost! Friedrich Wilhelm! du sollst leben!«
Trank, gab es seinem Mann darneben.
»Mein Fränzl, er leb' halter aach!«
Sprach Österreich und trank mal nach.
»Der Kaiser Alexander hoch!«
Der Russ', und trank wohl öfter noch.
»Stopp! Sauf doch, Bruder Bärenhäuter,
Nit 's Flaschen mit und gib's halt weiter!«
Stieß Fränzel Alexandern an
Und schürt' das Biwachtfeuer dann.
Und flackernd schlug das rote Licht
Dem vierten Mann ins Angesicht:
Der faßt die Flasche und trinkt sie leer
Und setzt sie ab: » Vive l'Empereur!« – Französisch: »Es lebe der Kaiser!«

Und der Östreicher, Russ' und Preuß'
Und alle drei vom Biwachtskreis,
Sie sehn ihn überm Feuer an.
Der alten Garde düstern Mann –
Und hundert Schlachten lagen im Gesicht –
Und keiner wehrt den Trunk ihm nicht. –


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