Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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28. An die Herzogin Anna Amalia

Franckfurth den 11ten September 1778

Theureste Fürstin! Der 8te September war vor mich ein Tag des jubels und der Freude. Zwey päcklein vom Eissenacher Postwagen wohl und schön behalten kammen bey Frau Aja Morgens um 10 Uhr richtig an, der herrliche Höllenpregel in dem einen, ein gantzer Verg voll vortrefflicher Handschu in dem andern machte mich so singend springend und wohlgemuth daß ich 20 Jahre auf der stelle jünger wurde das unvergleichliche Geschenck erfreute mein Hertz aus mehr als einer Ursach. Erstlich ist es an sich kostbahr und schön zum andern komt es von einer Fürstin vor die ich mein Leben ließe. Wüsten Ihro Durchlaucht was ich fühle indem ich das schreibe so hätten Sie doch wenigstens einen kleinen Begrief von Mutter Ajas Hertzen da das aber nicht möglich ist und man gemeiniglich durch das viele Reden und Schreiben die beste Sache verdirbt; so ist mein inniger, hertzlicher, heisser, warmer Danck das einzige was ich davor geben und sagen kan. Die seeligen Tage da ich die gnade hatte Tag täglich um Ihro Durchlaucht zu seyn machen mir wenn ich dran dencke auf der einen seite Freude die fülle, was sie mir aber auf der andern machen mag ich gar nicht sagen zumahl jetzt da wir Meße haben da erinnert mich alles an meine vorige Glückseligkeit Das gantze Rothe Hauß voll Durchlauchten |:worundter auch die Gemahlin vom Printz Ferdinand sich befindet:| was geht mich das aber alles an Frau Aja sähe einmahl eine Fürstin und wird außer Dieser schwerlich wieder so was zu sehen kriegen. Daß Docter Wolf die Gnade gehabt hat unserer besten Fürstin im Stern eine kleine Freude zu machen ergötze mich sehr, Wieland hat an Bölling auch ein sehr liebes Briefelein über das Festein im Stern geschrieben, das geht aber alles gantz nathürlich und ohne Hexereyen zu Ihro Durchlaucht bringen zu großen und kleinen Festeins die Freude selbst mit, und an der Sache liegt es also gar nicht, wann Bölling Merck die Tante und ich auf den punkt |: den Vater mit eingeschlossen :| kommen; so werden wir in einem Tag nicht fertig, bekennen aber auch mit Mund und Hertzen daß Ihro Durchlaucht davon das eintzige Exempel auf Gottes weitem Erdboden Seyn. Aber Theureste Fürstin! Sie haben uns verwöhnt, es schmeckts uns nichts mehr, Frau Aja befindet sich insbesondre vorjetzo in einer solchen dummen lage, daß wann ihr Houmor nicht gantz Rosenfarb wäre; so kriegte sie gantz gewiß das kalte Fieber. Ihro Durchlaucht kennen nachstehnende Personen nicht, können Sich also von meiner peinlichen Verfaßung keine idee machen: aber der Herr geheimdte Legations Rath Goethe dem dürffte ich nur sagen, dem Pfarrer Starck sein käthgen heurathet den dummen Buben Fritz Hoffmann, und Hironimus Peter Schlosser die älste Jungfer Steitz – und mit allen den Philistern soll ich jetzt Essen, Trincken u. s. w. auch so gar pretendiren die Fratzen daß man sie Amusiren soll – aber ich hoffe zu Gott, Er wird mich auch einmahl von dem verkehrten Geschlecht befreyen, und nach überstandenem Leiden nach Weimar führen, da würde ich verjüngt wie ein Adler wenn ich der Besten Fürstin die Hand küssen und sagen könte, ich bin und bleibe biß in Ewigkeit

Ihro Durchlaucht
unterthänigste und treuste Dienerin
C. E. Goethe.

N. S. der Vater empfiehlt sich zu fernerm hohen und gnädisten Andencken.

N. S. So eben wie ich im Begrief war diese Briefe auf die Post zu schicken, läßt mir Herr Rath Tabor die Ankunfft der neumodischen Lüster melden. Ich mache mich noch denselben Abend mit Tante Fahlmer auf, und fahre um 8 Uhr hin die selltenheit zu beschauen. Wir fanden ein zimmlich großes Zimmer, wo eine Taffel von 20 und mehr Couvert platz genug hätte, dieses Zimmer fanden wir so hell daß mann in der entferntsten Ecke bequem lesen konnte. Die Neue Maschine hing wie nathürlich in der mitte, was aber das herrlichste dran ist, ist das ich niemahls einen schönern Efekt von Licht gesehen habe, dann um die gantze Maschine geht ein weißer Flohr herum, und dadurch kriegt das gantze ein so Feen mäßiges Ansehn, daß wir einige Minutten glaubten in einem bezauberten Saal zu seyn. In den Lamppen brent vom besten Baumöhl, die Tochte aber sind von etwas gantz besorndern, da bekomt mann eine zimmliche menge mit, wohl auf 2. 3 Jahre, und sind sie verbraucht; so kan mann mehrere bekommen, sowohl hir bey Tabor, als bey dem Pariser erfinder dessen Adreße Ihro Durchlaucht zugeschickt werden soll. Ihro Durchlaucht hatten bey Ihrem hirseyn die gnade zu sagen, wenn der Lüster mir gefiehle solchen gleich vor Ihnen zu kauffen, da er mir nun sehr gefält, und der preiß wegen der Nutzbarkeit auch nicht zu theuer scheint, Herr Tabor glaubt daß mit Transport und allem es ohngefähr 40 f schlecht Geld kommen mögte. Kostbahres ist an dem ding freylich nichts, es ist von weißem Blech, da man es aber zum leuchten brauchen will und überhaubt der weiße Flohr alles verdeckt, so ists nach meiner Meinung einerley, von was vor einer Masse das ding ist. Ihro Durchlaucht bekommen also die Zauber Laterne ehestens. Die Erbprintzseß von Braunschweig hatt auch gleich eine gekaufft. Ich hoffe daß Ihro Durchlaucht damit zufrieden seyn werden und empfehle mich nochmahls zu fernerer Huld u gnade.


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