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Bäume im Exil

In der Stadt verlornen Zwischenräumen,
die sich überheblich Gärten nennen,
läßt sich, rauscht es herbstlich in den Bäumen,
die Musik der Wälder noch erkennen,
singt das Ungebundne seine Sage,
Lieder längst versunkner Paradiese,
und gedenkt bewegter Wildnistage
mit dem herben Duft der nahen Wiese
und der Stämme seltsam heisrem Knarren,
wo der Wasserfall am Felsen schallte
und ein Quell, verborgen unter Farren,
die geheimnisvolle Losung lallte,
wo vielleicht ein Liebespaar, umschlungen,
wesensgleich den Wolken und den Winden,
eins von den erwählten, ewig jungen,
durfte eine Spur der Gottheit finden.
Aber, nahn die Abendschatten schneller,
liegen die entlaubten Baumskelette
grau, verkommen in dem Nebelkeller,
wie Gefangne, hilflos an der Kette,
magre Arme durch das Dunkel schwingend,
daß der Straßen Gnade sie beachte,
ihnen ihre Freiheit wiederbringend,
sie erlöse aus dem Häuserschachte.
Doch des Lebens ungerührtes Treiben
sieht verächtlich auf die dürren Besen,
und verlassen, irr vor Ohnmacht bleiben
die um ihre Welt gebrachten Wesen,
wie in allzu engen Käfigräumen
Tiere rastlos auf und nieder rennen,
daß Verbannte in den Unglücksbäumen
nur das eigne Fremdlingslos erkennen.


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