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Im Bann des Todes

Nun ist jedes Schlafengehen
wie zum allerletzten Mal:
ob wir wieder auferstehen
zu erneuter Angst und Qual
oder zu gelindem Tage
zweifelnd hoffnungsvoll erwacht,
eine stumme Schicksalsfrage
die uns immer furchtsam macht,
bis mich der Sirene Tönen
für doch ungewisse Zeit
von dem mörderischen Dröhnen
ohne großen Trost befreit.

Ist mir Schlummer dann beschieden,
bin ich dennoch nicht entrückt
in den wohlverwahrten Frieden,
wo kein Kummer mich bedrückt,
darf vergessend nicht entweichen,
ohne Arg bewußtlos sein;
noch in meine Träume schleichen
sich die Todesängste ein,
noch die flüchtge Schar der Schatten
zeigt den feindlich bösen Zug
von Dämonen, nimmersatten,
kreist um uns der dunkle Flug.

Dieser Schwarm wird immer dichter
über meinem Lebensboot,
bis er mir die Sternenlichter
völlig zu verdunkeln droht;
durch die schwarzen Sintflutwogen
gleitet die erzwungne Fahrt,
unter leerem Himmelbogen
bin ich lebend aufgebahrt,
wage nicht, mich sacht zu regen,
nicht, mit Seufzern dieser Nacht
Totenstille zu bewegen,
daß der Würger nicht erwacht.

Darf ich noch einmal ins Leben
aus dem schon gefühlten Tod
mich für kurze Zeit begeben
mit dem nächsten Morgenrot,
bleibt es immer überschattet
von dem längst gefällten Spruch,
ist mir keine Rast gestattet,
geht durch all mein Tun der Bruch,
der die ganze Welt entzweite,
zweifelnd zwischen Ja und Nein,
und die just von Angst befreite
Stunde mag die letzte sein.


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